Zum Programm – Ein italienisches Kaleidoskop 2024

Claudio Monteverdi (1567 – 1643): „Disprezzata regina“ aus L’incoronazione di Poppea (1642/1643)1

Disprezzata regina,
Del monarca romano afflitta moglie,
Che fo, ove son, che penso?
O delle donne miserabil sesso:
Se la natura e’l cielo
Libere ci produce,
Il matrimonio c’incatena serve.
Se concepiamo l’uomo,
O delle donne miserabil sesso,
Al nostr’empio tiran formiam le membra,
Allattiamo il carnefice crudele
Che ci scarna e ci svena,
E siam forzate per indegna sorte
A noi medesme partorir la morte.
Nerone, empio Nerone,
Nerone, marito, o dio, marito
Bestemmiato pur sempre
E maledetto dai cordogli miei,
Dove, ohimè, dove sei ?
In braccio di Poppea,
Tu dimori felice e godi, e intanto
Il frequente cader de’ pianti miei
Pur va quasi formando
Un diluvio di specchi, in cui tu miri,
Dentro alle tue delizie i miei martiri.
Destin, se stai lassù,
Giove ascoltami tu,
Se per punir Nerone
Fulmini tu non hai,
D’impotenza t’accuso,
D’ingustizia t’incolpo;
Ahi, trapasso tropp’oltre e me ne pento,
Sopprimo e seppelisco
In taciturne angoscie il mio tormento.

Verachtete Königin, die verschmäht wird. Unglückliche Gemahlin des Kaisers von Rom. Was tue ich? Wo bin ich? Wo denke ich hin? Frauen. Armseliges Geschlecht. Von Gott und der Natur frei geschaffen, legt die Ehe uns als Sklavinnen in Ketten. Empfangen wir Frauen einen Knaben (ach, wie elend ist das weibliche Geschlecht!), erwächst uns ein ruchloser Tyrann: Wir säugen unseren eigenen Schlächter, der uns zerfleischt und umbringt. Vom unwürdigen Schicksal gezwungen, bringen wir unseren eigenen Mörder hervor. Nero, du Schuft! Nero! Mein Gatte, auf ewig verflucht, verdammt von meinem Gram. Wo bist du? In den Armen Poppeas. Du bist glücklich. Du genießt dein Glück. Währenddessen formt die Sintflut meiner Tränen dir einen Spiegel, so spiegelt dein Vergnügen sich in meinen Martern. Schicksal, wenn du mich hörst da oben, oder du, Jupiter, hör mir gut zu! Hast du keine Blitze, Nero zu strafen, dann bist du entweder ohnmächtig oder ungerecht! Weh, ich ging zu weit und bereue es. Ich unterdrücke meine Qualen und begrabe meine Klagen.

Chi brama in amore
Far paghi i desiri,
Nel centro del core
Non chiuda i martiri.
Con note sonore,
Con voci che strida
All’empia homicida,
Sue pene distingua.
Pietà non manca ad amator ch’ha lingua.

S’aviene ch’un dardo
Il core t’impiaghe,
Non copra le piaghe
Silentio codardo.
Discopra non tardo
Le fresche ferite
Chi brama guarite
Le pene del core.
Per amante ch’è muto è sordo amore.

One who wants to
satisfy his desires in love,
must not keep his suffering
inside his heart.
With resounding words,
with a strident voice
he must make his pains
known to the deadly charmer.
Sympathy is not wanting for the lover who speaks up.

If an arrow should happen
to wound your heart,
don’t hide the wounds
in cowardly silence.
One who wants to heal
the pains of the heart
must reveal the fresh wound
without waiting.
To the mute lover, love is deaf.

Georg Friedrich Händel (1685 – 1759): Lucrezia, HWV145 (1706)3

Recitativo

O Numi eterni! O stelle! Stelle che fulminate empii tiranni, impugnate a’ miei voti orridi strali. Voi, con fochi tonanti, incenerite il reo Tarquinio e Roma. Dalla superba chioma, omai trabocchi il vacillante alloro; s’apra il suolo in voragini; si celi con memorando esempio nelle viscere sue l’indegno e l’empio.

Oh, ewige Götter! Oh, Gestirne, Gestirne, dass ihr mit Blitzen niederstreckt ruchlose Tyrannen, greift auf mein Bitten zu den furchtbaren Pfeilen! Ihr, mit donnernden Feuern, legt in Asche den König Tarquinius und Rom. Aus seinem stolzen Haar brech’ nun den schwankenden Lorbeer; es öffne sich die Erde zu Abgründen, und, nach zu erinnerndem Beispiel, verbirg’ den Unwürdigen und Ruchlosen in ihren Tiefen.

Aria

Già superbo del mio affanno, traditor dell’onor mio parte l’empio, lo sleal. Tu punisci il fiero inganno del fellon, del mostro rio, giusto ciel, Parca fatal!

Schon, stolz auf meine Angst, als Verräter meiner Ehre, bricht der Ruchlose auf, der Unredliche. Straf’ du den dreisten Betrug des Verräters, des üblen Scheusals, gerechter Himmel, Parze des Schicksals!

Recitativo

Ma voi forse nel cielo per castigo maggior del mio delitto, state oziosi, o provocati Numi. Se son sorde le stelle, se non mi odon le sfere, a voi tremende Deità dell’abisso mi volgo. A voi s’aspetta, del tradito onor mio far la vendetta.

Ihr aber im Himmel, vielleicht um mehr noch mein Verbrechen zu strafen, bleibt untätig, oh aufgebrachte Götter. Wenn die Sterne taub sind, wenn die Sphären mich nicht hören, wende ich mich an Euch, furchtbare Gottheit der Unterwelt, von Euch erwarte ich, meiner verratenen Ehre Rache zu üben.

Aria

Il suol che preme, l’aura che spira l’empio Romano s’apra, s’infetti. Se il passo move, se il guardo gira, incontri larve, ruine aspetti.

Die Erde, auf die er tritt, die Luft, die er atmet, der ruchlose Römer, öffne sich, verpeste sich! Wenn der Schritt sich rührt, wenn der Blick sich wendet, soll er auf Geister treffen, Ruinen erwarten.

Recitativo

Ah che ancor nell’abisso dormon le furie, i sdegni e le vendette! Giove dunque per me non ha saette. È pietoso l’inferno! Ah ch’io già sono in odio al Cielo, a Dite! E se la pena non piomba sul mio capo, a’ miei rimorsi è rimesso il poter di castigarmi. Questi la disperata anima mia puniscan, sì, sì. Ma il ferro che già intrepida io stringo

Ha! Dass auch in der Unterwelt schlafen die Furien, Empörung und Rache. Jupiter hat also keine Blitze für mich? Die Unterwelt ist gnädig? Ha! Dass ich im Himmel schon verhasst bin! Wenn auch die Strafe mir aufs Haupt nicht fällt, zu meinen Gewissensbissen fügt als weit’re Qual die Kraft mich selbst zu strafen. Jene strafen meine verzweifelte Seele, ja, aber das Schwert, das ich schon unerschrocken zücke,

Aria

alla salma infedel porga la pena.

soll dem untreuen Leib die Strafe bringen.

Recitativo

A voi, Padre, consorte, a Roma, al mondo presento il mio morir; mi si perdoni il delitto essecrando ond’io macchiai involontaria il nostro onor; un’altra più detestabil colpa, di non m’aver uccisa pria del misfatto, mi si perdoni.

Euch, Euch, Vater, Gemahl, Rom und der Welt biete ich mein Sterben; vergebt mir das verdammungswürdige Verbrechen, durch das ich ungewollt unsere Ehre befleckte. Eine andere, noch verabscheuungswürdigere Schuld, mich nicht schon vor der Untat selbst getötet zu haben, verzeiht mir.

Arioso

Già nel seno comincia a compir questo ferro i duri uffizii; sento ch’il cor si scuote più dal dolor di questa caduta invendicata che dal furor della vicina morte.

Schon beginnt in meinem Geiste dieses Schwert seines grausamen Amtes zu walten. Ich fühle, dass mein Herz stärker erschüttert ist vom Schmerz über diese ungerächte Schuld als von der Gewalt des nahen Todes.

Furioso

Ma se qui non m’è dato castigar il tiranno, opprimer l’empio con più barbaro esempio, per ch’ei sen cada estinto stringerò a’ danni suoi mortal saetta, e furibonda e cruda nell’inferno farò la mia vendetta.

Aber wenn es mir hier nicht vergönnt ist, den Tyrannen zu strafen, den Ruchlosen niederzudrücken nach noch barbarischerem Vorbild, damit er tot zu Boden falle, werde ich anlegen den tödlichen Pfeil gegen ihn, und schrecklich und grausam werde ich in der Unterwelt meine Rache nehmen.

  1. https://www.eclassical.com/shop/17115/art1/5041601-20c126-3149020938805_01.pdf; Zugriff: 28.01.2024. ↩︎
  2. https://barbarastrozzi.com/piece/amante-loquace/; Zugriff: 28.01.2024. ↩︎
  3. https://booklets.idagio.com/190295633608.pdf; Zugriff: 28.01.2024. ↩︎